Samstag, 6. September 2014

Lernen von Pat - Druck und die 3 Basisspiele

Wie im letzten Blogbeitrag angekündigt, werde ich in den nächsten Berichten meine AHA-Erlebnisse vom Kurs bei Pat Parelli mit Euch teilen. Beginnen wir mit dem Thema Respekt und Druck.

Pat's Definition von Respekt lautet ja bekanntlich "respect is the appropriate response to pressure" - Respekt ist die angemessene Antwort auf Druck. Damit das Pferd angemessen auf Druck antworten kann, müssen allerdings WIR den Druck angemessen anwenden - "and we have to apply pressure appropriately". 

Und genau da sitzt der Haken, denn es gibt viele Möglichkeiten, Druck unangemessen anzuwenden ;-) Betrachten wir das einmal im Zusammenhang mit unserem Pferde-ABC, den 3 Basis-Spielen.

1. Friendly Game - Freundschaftsspiel
Genau genommen sollte beim Friendly Game überhaupt kein Druck im Spiel sein! Das Ziel des Friendly Game ist Entspannung, und diese wird erreicht durch rhythmische BEWEGUNG. Wenn das Pferd unsere Bewegungen als Druck interpretiert, läuft etwas in unserer Kommunikation verkehrt.


2. Porcupine Game - Stachelschweinspiel
Beim Porcupine erwarten wir vom Pferd, dass es dem STETIGEN DRUCK weicht, der von unserer Berührung mit den Händen/Beinen oder dem Stock ausgeht. Wenn das Pferd schon weicht, bevor wir es überhaupt berührt haben, läuft es uns davon - oder es hat Druck verspürt, wo noch keiner hätte sein sollen. 


3. Driving Game - Treibspiel
Beim Driving Game soll das Pferd RHYTHMISCHEM DRUCK weichen, den wir durch unsere Energie und Körpersprache vermitteln, unterstützt von Stock und Seilchen.


Sowohl beim Porcupine als auch beim Driving müssen wir, um angemessen zu sein, den Druck in Phasen aufbauen - von Phase 1 bis Phase 4.
Phase 1 - SUGGEST - ein Vorschlag = "so sanft wie möglich"
Phase 2 - ASK - eine Bitte
Phase 3 - TELL - eine Aufforderung
Phase 4 - PROMISE - ein Versprechen = "so bestimmt wie nötig"
 

Und dann müssen wir den Druck LOSLASSEN, sobald wir die gewünschte Antwort erhalten - denn "pressure motivates, but it is the RELEASE that teaches". Das Pferd speichert das als "richtig", was es zu dem Zeitpunkt gemacht hat, als der Druck nachliess.

Leider passiert es uns häufig, dass wir schon zu stark beginnen (mit Phase 2 oder gar 3) und dadurch den Gegendruck geradezu herausfordern. Oder wir hören zu früh auf und sind nicht effektiv. Dann lernt das Pferd, dass es uns nur lange genug ignorieren muss, und der Druck hört auf. Oder das Pferd hat schon versucht zu antworten, und wir haben es nicht erkannt oder gefühlt und machen immer noch weiter - dann wird das Pferd nach einer anderen Antwort suchen. Oder das Pferd bietet uns eine falsche Antwort an und wir hören mit dem Druck auf - dann wird es die falsche Antwort als richtig speichern...

Was die Sache zusätzlich erschwert, ist die Variation in der Dauer der Phasen abhängig vom Ausbildungsstand des Pferdes (mehr dazu im Beitrag Die Stufen des Lernens vom Januar 2014). Wenn es etwas neu lernt, ist das anders als wenn etwas Altbekanntes abgerufen wird. Und wenn wir verstärken oder verfeinern könnten bzw. sollten, ändert sich die Intensität der Phasen...

Ihr seht also, es gibt reichlich Gelegenheiten, um Fehler zu machen ;-)
Daher sollten wir uns, wenn uns unser Pferd respektlos erscheint, zunächst einmal nicht ärgern. Stattdessen sollten wir uns fragen, ob wir den Druck angemessen verwendet haben. Wenn wir ein besseres Gespür dafür entwickeln, was angemessen ist und was nicht, wann wir Druck ausüben und wann nicht, wird die Kommunikation mit unserem Pferd ein völlig neues Niveau erreichen. Und es gibt kein besseres Feedback als das unseres Pferdes, wenn wir es nur verstehen und annehmen können!

Freitag, 29. August 2014

"Level 4 and beyond" mit Pat Parelli - lernen statt belehrt werden

ausgiebiges Frühstück
Letzte Woche hatte ich die einmalige Gelegenheit, mit meinem eigenen Pferd in einem Kurs bei Pat Parelli zu reiten. Schauplatz war die "Domaine Rurhof" in Belgien, eine wunderbare Anlage, deren Team uns Reiter und unsere Pferde wie VIPs rundum versorgt hat - ein riesengrosses Dankeschön nochmals an Charlotte, die Ihren grandiosen Hof mit uns geteilt hat, und das unermüdliche Team vom Rurhof :-) 

Pat, Zoe und ich am Aussenplatz
Organisiert wurde der Kurs von Zoe van Kruiningen, einer Parelli Instruktorin - auch bei Ihr möchte ich mich ganz herzlich bedanken, denn sie hat das Unwahrscheinliche möglich gemacht - dass Pat Parelli höchstpersönlich nach Belgien angereist kam, um 14 Reiter und etliche Zuschauer zu unterrichen :-) 

Am Montag vormittag begannen wir mit der Vorstellung und einer Theorieeinheit im ausgebauten Heuboden, wo wir auch gemeinsam das Mittagessen verspeist haben. 
Anschliessend begaben wir uns mit unseren Pferden auf den "Playground", eine riesige Wiese mit Naturhindernissen. Die weckte in meinem Pferd wohl Erinnerungen an unsere Vielseitigkeits-Vergangenheit, denn plötzlich waren alle unsere alten, dysfunktionalen Muster wieder da - aber diesmal hatten wir ja glücklicherweise Pat, der uns dabei half, diese Muster zu durchbrechen! 
Auch eine Halle stand zur Verfügung, die wir aufgrund des un-August-mässigen nasskalten Wetters auch genutzt haben.


Eine weitere Herausforderung war das "Cow-working" - mit einem Pferd, das panische Angst vor Kälbern hat! Als Vorbereitung verwendete Pat eine mechanische Kuh, die hat mein Pferd schon zu äusserst athletischen Seitensprüngen veranlasst - und dann gab es auch noch die echten, wirklich puschelig anzusehenden Galloway-Kälber, die wir über die Wiesen treiben durften. Am Ende der Woche haben wir uns immerhin schon bis zu 1 Meter an die Kälber herangewagt, das war für Domino ein Riesenfortschritt!

Pat sagte uns schon am Anfang, er würde uns nichts lehren, sondern uns in Situationen bringen, wo wir lernen könnten - und das hat er wirklich getan! Ich hatte ein paar riesige AHA-Erlebnisse, über die ich Euch in weiteren Blogs berichten werde. Unter anderem:
  • Gas und Bremse
  • Rückwärts und Seitwärts
  • Fokus und Leadership 
  • Druck angemessen anwenden
  •  und noch vieles mehr...
Alles in allem war es eine unglaubliche Woche - Urlaub, Spass, Herausforderung und Lernen in einem! Und zur Krönung nahm ich mir am Samstag noch Zeit für einen Ausritt über die endlos weiten Wiesen des Rurhof - auch ein Erlebnis für sich, das meine beiden Rösser sichtlich genossen haben, vor allem der Isi, der endlich auch mal was zu tun bekam ;-)




Montag, 16. Juni 2014

Kinderprogramm am 1. Parelli Sommer Festival

Bei wunderbarem Wetter fand am 1. Juni das 1. Parelli Sommer Festival statt, organisiert von Seraina und Philipp vom Schweizer Parelli Büro zur Feier dessen 10jährigen Jubiläums. Viele Parelli Instruktorinnen und Instruktoren zeigten ein abwechslungsreiches Programm, und ich hatte das Vergnügen, das erstmals angebotene Kinderprogramm zu organisieren und zu leiten. Hier die beiden Gruppen von Kindern, die teilgenommen haben:
Wir haben fantastisches Feedback bekommen, wie zB die emails zweier Mütter:
Hallo SilviaDanke für die Photos. Den Kids hat es unglaublich viel Spass gemacht, es war wirklich eine super Idee, das für die Kids anzubieten,.. auch für mich war es schön zu sehen, wie die Kinder das genossen haben..und ganz nebenbei einiges gelernt haben.... ihr habt das ganz toll gemacht,  Nochmals Danke!! ...

Danke liebe Silvia für die schönen Fotos!
Wunderbar!
Die Stimmung war sehr schön und wir haben wieder vieles gelernt über Parelli und den den Tag sehr genossen in Fehraltdorf. ...

Das ganze hätte natürlich nie so funktioniert ohne mein wunderbares Team, meine Helfer die super motiviert waren und mich voll unterstützt haben. Angefangen bei den Mädels, die zwei super Demos OnLine und FreeStyle gezeigt haben: Anna mit Scooter, Michelle mit Kleiner Donner, und Seraina mit Joker. Und sie haben sich bereit erklärt, ihre Ponies mit fremden Kindern zu teilen und so das Highlight für die Kinder erst ermöglicht - nämlich mit den Ponies den Erlebnisparcours zu absolvieren. Herzlichen Dank nochmals dafür :-)

Nadia, Nicole, Erik und Leo haben den Kinderspielplatz betreut, der auch regen Zuspruch fand - unter anderem zum Ausrasten oder für den besseren Überblick ;-)



Kirsten mit Scooter
Kurt, Carolin und Kirsten haben mich bei der Durchführung des Programms unterstützt, indem sie je eine Station bzw. ein Pony übernommen haben. 
Kurt mit Kleiner Donner
Unser Ziel war es, den teilnehmenden Kindern spielerisch einige Grundbegriffe des Natural HorseManShip näherzubringen und ihnen auch die Chance zu geben, mit den Ponies zu spielen - ohne die Ponies dabei völlig zu verstören ;-) 

Carolin mit Joker

Darum gab es zum Beginn des Programms eine kleine Demo der 7 Spiele, gewürzt mit einigen Grundlagen aus der Pferdepsychologie. 
Circling





JoJo


FreeStyle Reiten

Gefühl am Halfter spüren


Anschliessend konnten die Kinder in 4 Stationen Gefühl entwickeln für die Handhabung der Parelli Hilfsmittel, sowie sich in die Haut des Pferdes versetzen. 
Dies mit Hilfe von lustigen Simulationen, die uns bewusstmachen, wie gefühllos bzw. unbewusst wir oft mit unseren Pferden umgehen...  
Auch das sogenannte Conga-Horse ist eine hervorragende Simulation und bietet die Möglichkeit, mündliches Feedback zu erhalten.
Die Kinder konnten da schon einige Stationen unseres Erlebnisparcours ausprobieren. Der Höhepunkt war dann das Spiel mit den Ponies auf dem Parcours, welche wirklich aussergewöhnlich brav waren und super mitgemacht haben. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass sie sich ihrer Rolle als Lehrmeister bewusst waren und diese auch genossen haben ;-)
Balancieren am Erlebnisparcours

Jedenfalls war es eine sehr schöne Erfahrung, super Teamarbeit und hat uns allen Spass gemacht, Betreuern wie Kindern und hoffentlich auch den Ponies - was will man mehr :-)


Und wer weiss, vielleicht wird ja die eine oder der andere noch zum Pferdeflüsterer ;-)

Weitere schöne Fotos findet Ihr hier:
von Stefan Oldani  https://www.dropbox.com/sh/0jslhw4enho43kb/AABNB3EemzvgQsPJ2kWpziPCa
von Cornelia Stelzer (dazu müsst ihr im Facebook angemeldet sein) https://www.facebook.com/savvyjourney/media_set?set=a.10152462272081665.1073741827.747166664&type=3

Freitag, 24. Januar 2014

Liberty in der Gruppe

Ein sonniger Vormittag in Florida - 18 Menschen und 18 Pferde gemeinsam auf einem grossen Reitplatz - ohne Halfter oder Seil. Klingt wie ein Selbstmordkommando, oder zumindest eine Garantie auf Schlägereien unter den Pferden? Nun, das muss nicht sein - wie wir gestern eindrucksvoll erlebt haben :-)

Dass das natürlich nicht mal eben so geht, ist klar. Am Mittwoch vormittag haben wir uns darauf vorbereitet, und das war wiederum eine hochspannende Angelegenheit. Die Idee ist folgende - nicht wir wollen unser Pferd behalten, sondern das Pferd will BEI UNS bleiben. AHA. Zitat von Carol Coppinger "The lead mare does not beg. She leaves, and expects the herd to follow". Die Leitstute geht einfach, sie schaut sich nicht um und wartet, ob auch wirklich alle kommen.

Die Herausforderung für uns Menschen ist nun, eine so gute Leitstute zu werden, dass unsere Pferde mit uns kommen WOLLEN. Dazu machten wir folgende Übung:

Die Gruppe sammelt sich in der Mitte der Reitbahn, die Aussenbahn bleibt frei. Jeweils ein Mensch/Pferd Paar geht nach draussen an den Zaun at Liberty, also ohne Halfter. Der Mensch marschiert los, als ob er ein Ziel hätte. Wenn das Pferd mitkommt, ist das gut. Wenn nicht, helfen die Menschen in der Mitte, das Pferd in Bewegung zu halten, bis es SEINEN Mensch wiederfindet. Das ist die Gruppenversion vom "Catch me Game" - Fangen spielen. Wenn das schon gut klappt, kann es noch gesteigert werden ins "Bet you can't catch me" Spiel (ich wette Du kannst mich nicht fangen), wo wir als Mensch es drauf anlegen, unser Pferd zu verlieren - zB durch rasche Richtungsänderungen oder Davonsprinten - und es die Aufgabe des Pferdes ist, bei uns zu bleiben. Wenn man dann umdreht und davonläuft, macht derjenige aus der inneren Gruppe, der ursprünglich vor dem Pferd gewesen ist, Druck mit dem Stick und String in Richtung zum Zaun. Dann denkt das Pferd "wow meine Leitstute ist super, die hat gewusst dass sich da Gefahr befindet".

Dieses Spiel war super mitzuerleben - die unterschiedlichen Horsenalities zu sehen, wie viel oder wenig Druck es braucht, das Pferd in Bewegung zu halten - zu realisieren, dass für manche Pferde schon die Energie unseres Bauchnabels so viel Druck bedeutet, dass sie nicht daran vorbeigehen können. Es gibt ein Pferd, da musste die gesamte Innengruppe auf die andere Seite weichen, damit es am Zaun entlanglaufen konnte.

So ganz nebenbei hat uns Carol dann noch demonstriert, wie sie ihren Pferden das Hinlegen beigebracht hat - und Sol als Sofa verwendet :-) Hinlegen ist ein Porcupine-Spiel, und braucht ganz viel Vertrauen und Entspannung vom Pferd, sonst kann man es gerade vergessen.

Das war also wieder ein eindrücklicher Vormittag - weitere werden folgen :-)

Mittwoch, 22. Januar 2014

Parelli Instruktoren-Weiterbildung in Florida - Stufen des Lernens

Wow, was soll ich sagen? Der 2. Kurstag ist um, und schon jetzt hab ich so viel gelernt, dass es den Aufwand herzukommen jedenfalls wert war :-)

Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll ... vielleicht mal mit meinem Leihpferd, Sam. Es ist eine ziemliche Herausforderung, so einen Kurs mit einem Pferd zu absolvieren, das man gar nicht kennt - und eine ungemeine Bereicherung :-) Fremde Pferde machen uns sehr schnell klar, wo sich unsere "Löcher"befinden. Mit dem eigenen Pferd haben wir ein Arrangement gefunden, das uns beiden passt, unseren "Vertrag", wie Mike Wanzenried gerne sagt. Vorne steht, was wir machen können, und hinten steht, was wir besser lassen sollten. Und oft ist die Hinterseite viel länger als die Vorderseite ;-) 

Mit einem fremden Pferd muss man diesen Vertrag erst verhandeln - das ist schon ziemlich spannend. Und ich habe entdeckt, dass ich erst mal zu vorsichtig bin, besonders beim Reiten. Glücklicherweise ist die Besitzerin von Sam auch anwesend, also konnte sie mir sagen, was er schon können sollte. Ein Punkt, wo ich schnell gemerkt habe, dass ich da zu nachlässig bin - wohl auch mit meinen eigenen Pferden - ist "halte an einem hohen Standard fest, und erinnere ihn an seine Verantwortung!" Denn je mehr wir tun (und dabei das Pferd micro-managen), desto weniger wird es von sich aus tun. Das führt dann zB zu Pferden, die ewig getrieben werden müssen und doch nicht vorwärtsgehen ... oder ständig gehalten werden müssen und trotzdem davonrennen.


Das war für mich besonders interessant, denn mit meinem Pferd habe ich üblicherweise eher das Problem zu bremsen. Sam hingegen neigt dazu, stehenzubleiben wenn ihm etwas nicht passt (oder zu bocken - typisch LB). Aber - "forward is the key", wie Carol Coppinger, unsere Kursleiterin, mehrfach betont hat - besonders wenn es dann um so Dinge wie fliegende Galoppwechsel geht. Ich hatte heute also die Gelegenheit, meinen "Go-Button" zu richten.

Um das zu erklären, muss ich noch etwas ausholen - auch ein Thema, das wir heute vormittag im Kurs besprochen haben. Es gibt ja die "Stages of Learning", also Stufen des Lernens.
1. Teaching - Lehren
2. Controlling - Kontrolle
3. Reinforcing - Verstärkung
4. Refining - Verfeinerung

Und es ist SEHR wichtig, dass wir uns bewusst sind, in welcher Stufe wir uns gerade befinden. Denn je nach Stufe müssen wir unsere 4 Phasen unterschiedlich anwenden, um vorwärtszukommen. Kurz gesagt:
1. Teaching = Phasen 1 - 2 - 3 - 4 alle etwa 3-4 Sekunden lang, Phase 4 (falls nötig) bis das Pferd reagiert
2. Kontrolle = Phase 4. Da geht es um unsere Sicherheit, da muss SOFORT etwas passieren.
3. Verstärkung = LAAAAANGE Phase 1, dann schnell zu Phase 4 
4. Verfeinerung = wir sollten nicht mehr als eine kleine Phase 2 brauchen, bzw. was vorher 2 war, ist jetzt vielleicht schon 4. Wir werden also noch subtiler.

Also, um jetzt das Vorwärts von Sam zu verbessern (Stufe 3 - verstärken), hab ich dann folgende Übung gemacht:
Halten. Aus dem Halt antraben, indem ich meine Energie hochbringe ("Smile with all 4 cheeks") und die Beine LEICHT zumache. 3 Sekunden warten - wenn dann nix passiert ist, mit dem String an der Kruppe touchieren, und zwar nur EIN Mal. Dann "Reset", alles loslassen, von vorne beginnen. Beim 3. Mal ist er davongeschossen wie eine Rakete, mit einem sehr guten Vorwärts-Trab, und damit war das Thema erledigt (zumindest für den Rest des Nachmittags). Hätte ich ihn hingegen im Trab einfach immer mehr getrieben und ihn daran gehindert, langsamer zu werden, wäre es ein ewiges Gemurkse geblieben. Hmmm - sehr spannend!!!

Und zum Abschluss noch ein Zitat von Carol "Dwell time is priceless" - heisst soviel wie Zeit zum Nachdenken zu geben ist enorm wichtig ... das mach ich jetzt ;-) Denn nachdem es hier nämlich gerade mal 4 Uhr morgens ist, werde ich nun noch eine Runde schlafen, bevor Tag 3 des Kurses anbricht, und Euch Zeit zum Nachdenken geben. Weitere Updates vom Kurs folgen demnächst ;-)

Samstag, 4. Januar 2014

Raubtiere, Instinkte und Stress

Ok. Also was haben diese Begriffe miteinander zu tun? Eine ganze Menge, wenn man es im Rahmen des Natural Horsemanship betrachtet:

Zuerst mal das Raubtier. DAS ist unsere menschliche Natur, unser Instinkt. "Nein, ich doch nicht, ich bin doch Vegetarier!" Hilft leider nix, von unseren natürlichen Anlagen her sind wir trotzdem ein Raubtier, ob wir nun Fleisch verzehren oder unschuldiges Gemüse...

1. Wir sehen aus wie Raubtiere: Unsere Augen sind vorne. Die Ohren sind nicht sehr beweglich und immer "angelegt", also aus Sicht des Pferdes im Status "aggressiv".
2. Wir denken wie Raubtiere. Geradlinig. Wenn wir etwas wollen, versuchen wir das zu bekommen, möglichst auf direktem Weg.
3. Wir handeln wie Raubtiere. Wir schleichen uns an. Wenn wir erschrecken, ziehen wir uns zusammen und halten fest (hauen die Klauen rein). Und lassen nicht mehr los.


Im Gegensatz dazu das Pferd, ein Beutetier.
1. Es sieht aus wie ein Fluchttier: Die Augen liegen seitlich am Kopf und ermöglichen beinahe Rundumsicht. Pferde sehen im Zeitraffer, jede Bewegung wirkt also noch viel schneller. Die Ohren sind beweglich, können verdächtige Geräusche rundherum orten.
2. Es denkt wie ein Fluchttier - im Zweifelsfall GAR NICHT, der Fluchtinstinkt übernimmt die Führung.
3. Es handelt wie ein Fluchttier. Zuerst davonlaufen, dann schauen ob es überhaupt nötig ist. Gekämpft wird dann, wenn es in die Enge getrieben ist und keinen Ausweg mehr hat.


Da haben wir den Salat - 2 Spezies, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Wenn wir nun mit dem Pferd eine Partnerschaft anstreben, müssen wir alle beide unsere Natur überwinden. Das können wir bewusst üben, wenn wir das Problem erstmal bemerkt und verstanden haben. Wir können uns und unserem Pferd Gewohnheiten und Fähigkeiten antrainieren, um diese Kluft zu überbrücken.

Aber nun - der STRESS oder Druck - ob nun eingebildet oder tatsächlich gerechtfertigt, das macht leider keinen Unterschied. Wenn wir in Stress geraten, kommt unsere Natur zum Vorschein, ob wir wollen oder nicht. Dann sagt das Pferd "ich muss fliehen", und wir Menschen sagen "nein du musst dableiben, stillstehen, in den Hänger einsteigen, über das Hindernis springen, eine schöne Piaffe machen", oder was immer wir gerade eben vom Pferd verlangen.

Dabei wäre die Lösung so einfach - denke wie ein Pferd, und gib dem Pferd was es braucht, also lass zB ein extrovertiertes Pferd seine Füsse bewegen. WARUM können wir das manchmal nicht tun? Weil wir natürlicherweise unter Druck zumachen, nicht fähig sind lateral zu denken. Der einzige Gedanke ist unser Ziel. Oje. 

Was können wir tun, um solche Situationen in Zukunft gar nicht entstehen zu lassen? Unsere Komfortzone - und die unseres Pferdes - ausdehnen, damit uns beide - oder wenigstens einen von uns - die Situation gar nicht erst stresst. Und das geht nur durch "exposure and experience", wie Pat Parelli sagt. Also sich verschiedenen Situationen aussetzen und dabei Erfahrungen sammeln. Vermeiden hilft da leider nichts...